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Taschengeld gestrichen

journalist-Chefredakteur Matthias Daniel (Foto: Conrad Bauer)

Was die CDU-Landtagsfraktion in Sachsen-Anhalt gerade in Sachen Rundfunkbeitrag aufführt, ist ein unwürdiges Spektakel. Dabei geht es ihr gar nicht um den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, sondern um die Landtagswahl im nächsten Jahr, kommentiert journalist-Chefredakteur Matthias Daniel.

29.11.2020

Es war vielleicht die entlarvendste Aussage in der Debatte um die Erhöhung des Rundfunkbeitrags. Sie stammt von Markus Kurze, dem parlamentarischen Geschäftsführer der CDU-Landtagsfraktion in Sachsen-Anhalt – jenem Bundesland, das in Sachen Medienpolitik seit Monaten im Fokus steht.

Alle 16 Landesparlamente müssen der Erhöhung des Rundfunkbeitrags zustimmen, ansonsten tritt sie nicht in Kraft. Dem vorausgegangen ist ein langer demokratischer und transparenter Prozess, an dessen Ende eine unabhängige Kommission (KEF) ihre Empfehlung abgegeben hat. Von dieser Empfehlung darf die Politik nur unter ganz engen Vorgaben abweichen. Das hat einen einfachen, aber sehr wichtigen Grund: die Trennung von Staat und Medien. Die Politik darf keinen Einfluss auf das nehmen, was ARD und ZDF machen. Die Politik bestimmt den Auftrag und setzt damit den Rahmen – und hat sich ansonsten rauszuhalten!

Da klingt es wie Hohn, wenn man sich anschaut, was die CDU-Fraktion in Sachsen-Anhalt in den vergangenen Monaten aufgeführt hat. Der CDU gefällt ein Satire-Beitrag von Funk nicht – keine Erhöhung des Rundfunkbeitrags! Die CDU findet, der WDR-Intendant verdiene zu viel – keine Erhöhung des Rundfunkbeitrags! Die CDU stört sich an der Berichterstattung über Sachsen-Anhalt – keine Erhöhung des Rundfunkbeitrags! Warum sind so wenige ARD-Einrichtungen im Osten – keine Erhöhung des Rundfunkbeitrags!

Den Höhepunkt dieses unwürdigen Spektakels lieferte dann CDU-Mann Markus Kurze Mitte November, als er die aktuelle Debatte mit „Taschengeldverhandlungen“ verglich. Was für ein arrogantes, aber vor allem falsches Bild: Die strengen Eltern der CDU-Landtagsfraktion weisen die aufmüpfigen Kinder des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in die Schranken.

"Die Politik bestimmt den Auftrag und setzt damit den Rahmen – und hat sich ansonsten rauszuhalten!"

Hier wird das eigentliche Problem sichtbar: Der CDU geht es überhaupt nicht um den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Es geht ihr um das eigene Schicksal bei der Landtagswahl im nächsten Jahr. Sie vermutet, dass sich mit dieser billigen Haltung in AfD-Nähe Stimmen ködern lassen.

Jobst Plog, der frühere Intendant des NDR, sagt das in der Dezember-Ausgabe des journalists sehr klar: „Der öffentlich-rechtliche Rundfunk hat seine Freiheit immer mit den Gerichten und gegen die Politik erstritten – nicht mit Konzessionen an die Politik.“ Sollte die CDU in Sachsen-Anhalt ihre Position nicht ändern, steht genau das bevor: der Gang vors Bundesverfassungsgericht.

Die Dezember-Ausgabe des journalists erscheint am 1. Dezember 2020. Neugierig? Hier entlang.

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