Emotionale Intelligenz und KI als zukunftsfähiges Duo

Rogl findet: Die KI darf Co-Pilot sein – während wir Menschen steuern, wohin es geht. (Foto: Thomas Dashuber)

Magdalena Rogl ist Leiterin Diversity und Inklusion bei Microsoft Deutschland. Als "Botschafterin der Emotionen" glaubt sie an die Kraft von Empathie und Vielfalt in einer Welt, die von KI und Veränderung geprägt wird. Am 7. September ist sie Keynote-Speakerin bei Besser Online in Leipzig. Interview: Ute Korinth

27.08.2024

Als Kinderpflegerin lernte Magdalena Rogl, wie sie Vertrauen aufbaut, klar kommuniziert und die Resilienz von anderen stärkt. Heute macht sie sich Gedanken darum, wie wir solche Fähigkeiten in der Arbeitswelt pflegen – und wie wir sie mit Fortschritt vereinen.

journalist: Frau Rogl, Sie sagen, je mehr Künstliche Intelligenz es gibt, desto mehr emotionale Intelligenz brauchen wir. Welche Rolle spielt emotionale Intelligenz in der Zusammenarbeit zwischen Mensch und Künstlicher Intelligenz?

Magdalena Rogl: Eine ganz entscheidende Rolle. Je mehr KI wir einsetzen, desto wichtiger wird es, dass wir empathisch und wertschätzend miteinander umgehen. So schaffen wir eine harmonische und produktive Arbeitsumgebung. Und wir bilden dadurch auch ein gutes Team mit der KI.

Kann KI uns helfen, die emotionale Intelligenz zu verbessern?

Absolut! Mit KI können wir Verhaltensmuster erkennen, und sie kann uns Tipps geben, wie wir besser und einfühlsamer kommunizieren. Ich nutze KI zum Beispiel, um meine Nachrichten zu prüfen und zu lernen, was ich besser formulieren kann. Ich lasse mich auch daran erinnern, bei wem ich mich zurückmelden sollte oder mit welcher Person ich lange nicht in Kontakt war. Vor allem lasse ich mich daran erinnern, meinen Tag zu reflektieren.

Die KI-Systeme spucken all den Bias und die Diskriminierung der Inhalte aus, die sie konsumiert haben. Was können wir dagegen tun?

Durch sorgfältige Datenauswahl und ständiges Überprüfen und Anpassen der Algorithmen können wir diesen Bias minimieren. Mit einer klaren Strategie, die Transparenz, Verantwortlichkeit und diversitätssensible Schulungen umfasst, kann KI uns dabei helfen, eine vielfältigere und inklusivere Gesellschaft und Arbeitsplatzkultur zu fördern. Und gerade bei generativer KI geht es darum, dass sie von unterschiedlichen Menschen genutzt wird – weil sie aus den Nutzungsdaten dazulernt. Also liegt es in unserer Verantwortung, diese Werkzeuge zu nutzen.

Welche Veränderungen der Arbeitsplatzkultur sind notwendig, um eine Balance zwischen technologischer Effizienz und menschlicher Empathie zu schaffen?

Dafür brauchen wir flache Hierarchien, flexible Arbeitsmodelle und eine Kultur, die auf Vertrauen, Wertschätzung und Zusammenarbeit setzt. Unternehmen und Führungskräfte, die sich damit nicht auseinandersetzen, nehmen sich selbst die Zukunftsfähigkeit.

Welche Qualitäten benötigen Führungskräfte, um ihre Teams in der von Veränderungen und Unsicherheiten geprägten Arbeitswelt zu unterstützen und zu motivieren?

Aus meiner Sicht brauchen sie vor allem Empathie und emotionale Intelligenz – echtes Selbstbewusstsein, mit Betonung auf bewusst.

„In meiner Utopie würde KI uns dabei helfen, Empathie und Inklusion zu stärken.“

Inwiefern beeinflusst KI das Konzept von New Work und flexiblen Arbeitsmodellen?

KI kann Routineaufgaben automatisieren, wodurch wir mehr Zeit für kreative, strategische und zwischenmenschliche Tätigkeiten haben. Außerdem ermöglicht KI datenbasierte Entscheidungen, die zu effizienteren und individuell angepassten Arbeitsmodellen führen. Letztendlich kann KI uns dabei helfen, Arbeitszeit und Termine zu optimieren. Ich glaube, die Möglichkeiten sind fast unendlich.

Sie haben als Kinderpflegerin gearbeitet. Ein Beruf, der ohne Empathie und emotionaler Intelligenz undenkbar ist. Wie hat Sie diese Erfahrung beeinflusst?

Es vergeht kein Arbeitstag, an dem ich nicht dankbar für meine ursprüngliche Ausbildung bin. Ich habe in dieser Zeit unglaublich viel über Leadership, Kommunikation, Resilienz und so viel mehr gelernt. Als Kinderpflegerin hatte ich die Verantwortung für zwölf kleine Menschen, ich durfte sie beim Wachsen begleiten, sollte ihre Resilienz trainieren, musste ihr Vertrauen gewinnen und klar kommunizieren – es war eine lehrreiche Zeit.

Bei der Einführung von Künstlicher Intelligenz in den Arbeitsalltag sollten auch ethische Überlegungen eine Rolle spielen. Gerade im Journalismus. Kann emotionale Intelligenz uns dabei unterstützen?

Auf jeden Fall. Sie kann uns helfen, die Auswirkungen auf Menschen sensibel zu bewerten und ethische Richtlinien zu entwickeln. Wenn wir diese Fähigkeit einsetzen, können wir die Potenziale von KI nutzen, ohne unsere menschlichen Werte zu vernachlässigen. Ich finde es wichtig, KI als Co-Pilot zu sehen – aber wir sitzen am Steuer und sollten immer abwägen, welche Daten und Informationen wir von der KI nutzen und übernehmen wollen.

Eine KI ist heute noch nicht in der Lage, sich bei Entscheidungen von Empathie beeinflussen zu lassen. Glauben Sie, dass Journalist*innen KI trotzdem nutzen können, um tiefere, menschlichere Geschichten zu erzählen?

Ich glaube, KI kann Journalist*innen definitiv dabei unterstützen. Zum Beispiel, indem sie große Datenmengen analysiert – dadurch kann sie relevante Muster identifizieren und neue Perspektiven aufzeigen. Diese Technologie kann auch dabei helfen, komplexe Themen besser zu verstehen und sie menschlicher darzustellen.

Welche Herausforderungen sind Ihnen auf Ihrem Weg bezüglich emotionaler Intelligenz und KI begegnet?

Ich selbst habe lange versucht, meine Emotionalität und Empathiefähigkeit zu verstecken, weil in unserer Arbeitswelt immer noch das Vorurteil herrscht, das sei unprofessionell. Heute weiß ich, dass das Gegenteil der Fall ist. Die richtige Mischung aus Empathie und effizientem Einsatz von KI zu finden – besonders in komplexen sozialen Situationen – finde ich immer noch herausfordernd. Gleichzeitig bin ich davon überzeugt, dass eine bewusste Kombination beider Intelligenzformen entscheidend ist, um zukunftsfähig zu sein.

Wie sieht Ihre Vision als „Botschafterin der Emotionen“ von einer empathischen und inklusiven Arbeitswelt der Zukunft aus, in der uns die KI begleitet?

In meiner Utopie würde KI Empathie und Inklusion stärken. Technologie und Menschlichkeit wären perfekt ausbalanciert: Die KI hilft uns, unterschiedliche Perspektiven zu verstehen und Menschen besser zu unterstützen, ohne die emotionalen Aspekte zu vernachlässigen. So würden Kreativität, Zusammenarbeit und ein tieferes Verständnis füreinander gefördert werden.

Ute Korinth ist Mitglied im DJV-Bundesvorstand.

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