Floskel des Monats
Schlechter Tag für die Demokratie
Der Schock nach der Bundestagswahl sitzt tief. Eine selbsternannte Alternative für Deutschland hat es nach einem Wahl-Krimi in den Bundestag geschafft. Nun kann man lange darüber streiten, was die AfD eigentlich ist: rechtsextrem, rechtsradikal oder nur rechtspopulistisch? Die Strömungen dieser jungen Partei sind sehr vielseitig. Aber die AfD ist auf jeden Fall eine Partei, die Funktionäre mit faschistischem Gedankengut hat und die auf eine Spaltung zwischen ‚wir und die da‘ setzt – und das zugegeben sehr geschickt.
Nach dem Einzug in 13 deutsche Landesparlamente war es erwartbar, dass sie auch in den Bundestag kommt. Für die einen war der 24. September ein Durchmarschsieg oder Erdrutschsieg der Rechten, für die anderen ein schlechter Tag für die Demokratie. Natürlich kann man immer damit argumentieren, dass viele Autokraten in der Weltgeschichte demokratisch gewählt wurden, um danach eben jene Demokratie abzuschaffen.
Ein schlechter Tag für die Demokratie war diese Wahl allerdings noch lange nicht. Die Macht geht vom Volke aus. Selbst dann, wenn das Volk unbequeme Entscheidungen in einer indirekten Demokratie mit einer undemokratischen Fünfprozenthürde trifft. Eine Partei zieht nicht von selbst in ein Parlament ein, sondern wird vom Volk gewählt. Zum Vermögen der AfD wurde das jahrelange Unvermögen der etablierten Parteien, den billigen Populismus adäquat zu beantworten und die gesellschaftlichen Probleme in den Griff zu bekommen.
Und wir Journalisten? Wir haben teils unnötig emotional und subjektiv formuliert und so dazu beigetragen, mit falschen Worten die Richtigen zu treffen. Trotzdem war die Bundestagswahl auch 2017 wieder ein guter Tag für die Demokratie – weil die freie Wahl eines ihrer wichtigsten Merkmale ist. Selbst wenn das Ergebnis nicht jedem gefällt.
Für den journalist analysiert das sprach- und medienkritische Webprojekt Floskelwolke.de von Sebastian Pertsch und Udo Stiehl in jeder Ausgabe eine Floskel oder Phrase, mit der Journalisten im Monat zuvor besonders häufig danebenlagen.