Floskel des Monats

Personalkarussell

14.08.2019

In den vergangenen Wochen war mal wieder der Jahrmarkt vor Ort. Es zeigte sich, dass vor allem ein Fahrgeschäft dicke Abfindungspakete schnürte: das Personalkarussell, das auch noch „mächtig in Fahrt“ sei. Sogar „Sozis drehen“ daran, geben grünes Licht, selbst „in der Pfarrei dreht sich das Personalkarussell“. Währenddessen will sich Emmanuel Macron den „Sieg im EU-Personalkarussell teuer erkauft“ haben und der smarte DJ beim Autoscooter wummert ein „Personalkarussell: Die Formel 1 ist schwer im Umbruch“ in das Mikrofon. Das Personalkarussell dreht und dreht sich – nach dem Willen der Medien immer schneller.

Die Komposition Personalkarussell erfuhr laut dem „Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache“ (DWDS) bis in die 1960er Jahre keine Verbreitung. Dabei gibt es das Karussell schon seit dem Mittelalter und in Deutschland als Kinderkarussell schon seit dem 18. Jahrhundert. Aber erst in den 1970er Jahren wurde das Floskelgeschäft angekurbelt.

In einem Artikel der Zeit aus dem Jahr 1972 hieß es beispielsweise: „So kommt denn auch das Personalkarussell nur allmählich in Fahrt, das ordentlich in Schwung zu bringen und zu halten die Lieblingsbeschäftigung aller Bonner Auguren nach jeder Wahl ist.“ Der Text zählt zu den ersten deutschsprachigen Artikeln mit dieser Zweckentfremdung.

In den 1990er Jahren drehte das Personalkarussell erst massiv auf, wird seit der Jahrtausendwende aber immer weniger in journalistischen Texten genutzt – und fällt vielleicht deshalb auf. Die zwischenzeitliche Bedeutung hat sich indes verändert. Der Duden erklärt die Umgangssprache Personalkarussell noch sehr eingeengt als „Neubesetzung mehrerer Positionen mit bereits vorhandenem Personal“.

Doch diese Deutung ist längst überholt beziehungsweise wird allgemeiner gehalten: Das Personalkarussell ist zum Synonym für jede Art von Personalwechsel geworden – auch für einzelne Personen oder eine Besetzung mit neuem Personal. Das macht die Floskel allerdings nicht sympathischer. Gefährlich wackelt der Stuhl der Phrasendrescher.

Für den journalist analysiert das sprach- und medienkritische Webprojekt Floskelwolke.de von Sebastian Pertsch und Udo Stiehl in jeder Ausgabe eine Floskel oder Phrase, mit der Journalisten im Monat zuvor besonders häufig danebenlagen.

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